Stadthupferl
Ein Roadtrip durch Bayerisch-Schwaben
Flanieren vor historischer Kulisse, aufmerksame Gastfreundschaft genießen und bei entschleunigtem Kleinstadtflair Kultur, Land und Leute kennenlernen. Die kleinen, feinen Städte Bayerisch-Schwabens bringen das alles ganz bequem unter einen Hut.
Vom Nördlinger Ries über die Flusstäler rund um die Donau, hinein ins Voralpenland im Süden und auch entlang der Romantischen Straße gibt es eine Vielzahl reizvoller Städte zu entdecken. Zauberhafte Schatzkammern voller Geschichte und Geschichten, Kultur, Genuss und Gemütlichkeit. Perfekt für eine kleine Auszeit vom Alltag, als Basis für den Kurzurlaub oder um die Verschnaufpause auf der Fahrradtour für einen Stadtbummel zu nutzen. Wer mag, kombiniert gleich mehrere Kleinstadtperlen miteinander – so einen Roadtrip nennt man hier „Stadthupferl“.
Rund um Augsburg: Uhren, Nachtwächter und Sisis Kinderstube
In Friedberg, vor den Toren Augsburgs, ticken die Uhren anders – und das buchstäblich: Noch bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts waren 80 von den damals rund 1800 Bewohnern des Städtchens als Uhrmacher tätig. Die hochwertigen Chronometer aus Friedberg fanden in ganz Europa regen Absatz. Bei einer interaktiven Lauschtour geht es zu den historischen Uhrmacherhäuschen in der Altstadt und hinauf zum Wittelsbacher Schloss, das heute u.a. ein interessantes Uhrenmuseum beherbergt. Müde vom Sightseeing? In den Liegestühlen am Schlossweiher lässt es sich herrlich rasten. Sportliche finden an heißen Tagen auch Abkühlung bei Chill & Wake: Die Wasserskianlage am Friedberger See war bei ihrer Eröffnung 1969 eine der ersten weltweit.
Nur etwa 15 Minuten dauert die Fahrt von Friedberg ins nahe Aichach. Das idyllische Städtchen an der Paar ist eng mit dem Geschlecht der Wittelsbacher verbunden, die über Jahrhunderte hinweg die Geschicke Bayerns lenkten. Im Stadtteil Oberwittelsbach thronte bis 1209 die Stammburg des Clans, und die kleine Sisi, später Kaiserin Elisabeth, verbrachte im nahen Wasserschloss Unterwittelsbach unbeschwerte Kindertage. Die Lauschtour in Aichach wirft einen Blick zurück in die Geschichte des großen Adelshauses. Im Wittelsbacher Museum, das im imposanten Unteren Tor der Stadt untergebracht ist, erleben Besucher eine spannende Zeitreise von der Steinzeit bis ins Spätmittelalter. Im obersten Geschoss der Ausstellung bieten vier Fenster und vier Monitore zeitgleich einen einzigartigen Blick in die Gegenwart und Vergangenheit Aichachs. Abendliches Highlight: die Nachtwächterführung. Ausgerüstet mit Hellebarde und Laterne erzählt der Nachtwächter von jenen finsteren Zeiten Aichachs, als die Gassen der Altstadt nachts noch im Dunklen lagen und hinter jeder Ecke ein Haderlump lauern konnte.
https://www.bayerisch-schwaben.de/staedte/friedberg/24-stunden-in-friedberg
https://www.bayerisch-schwaben.de/staedte-kultur/aichach/ausflugsziele-aichach
Im Donautal: Kneippkuren, alte Römer und ein Universalgelehrter
„Schwäbisches Rom“ wird Dillingen auch genannt – wegen seiner vielen Kirchtürme. Für Historikfans hat die Stadt am Nordufer der Donau noch einiges mehr zu bieten: Das mächtige Residenzschloss Dillingen, in dem heute das Amtsgericht und das Finanzamt untergebracht sind, war einst der Sitz der der Augsburger Fürstbischöfe. Die Bedeutung Dillingens als Universitätsstadt wird im Goldenen Saal der ehemaligen Universität mit seinem prachtvollen Deckenfresko von Johann Anwander sichtbar. Und Sebastian Kneipp, der wohl berühmteste Sohn der Stadt, studierte in Dillingen nicht nur Theologie, sondern kurierte hier auch seine schwere Lungenerkrankung – die Geburtsstunde der Kneipp-Therapie. Bei einer Lauschtour auf den Spuren des „Wasserdoktors“ waten die Teilnehmer im Storchengang durch das eiskalte Naturkneipp-Becken – an derselben Stelle an der auch Sebastian Kneipp an einem Novemberabend 1849 zum ersten Mal in die eiskalte Donau stieg, um seine Tuberkulose-Schmerzen zu lindern. Wer den Hopfensaft dem Wasser vorzieht, bucht eine Führung im kleinen privaten Biermuseum von Elmar Waltl und erfährt dort Erstaunliches über den Aufstieg und Niedergang des Brauwesens im Landkreis Dillingen.
Auch im benachbarten Lauingen zollt man einem namhaften Bürger Tribut: Der Universalgelehrte Albertus Magnus wurde um 1200 n. Chr. hier geboren, später wurde der Philosoph, Jurist, Naturwissenschaftler, Theologe und Dominikaner Bischof von Regensburg und posthum heiliggesprochen. Am schönen Marktplatz – eingerahmt von schmucken Giebelhäusern, dem mächtigen Schimmelturm und dem klassizistischen Rathaus – hat man dem Stadtpatron ein Bronzedenkmal errichtet. Im St. Martinsmünster wird seine Reliquie aufbewahrt und verehrt.
Im liebevoll restaurierten Stadtquartier „Unteres Brunnental“ scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Zu früheren Zeiten, als kleine Bächlein das ganze Gebiet durchzogen, hatten Gerber, Färber und Weber hier ihre Werkstätten. Im malerischen „Oberen Brunnental“ zwischen Spitalskirche und ehemaligem Herzogschloss gibt es den Lauinger Eichbrunnen zu bestaunen, die älteste Fasseichanstalt des Freistaates – eine Art TÜV für den Handel mit Bier und Wein.
Per Lauschtour reisen die Besucher noch weiter zurück in die Geschichte Lauingens, nämlich in die einstige römische Provinz Raetien. Die Siedlung Phoebiana im Stadtteil Faimingen gehört zu den wichtigsten Zeugnissen der Römerzeit in Bayerisch-Schwaben. Wer gänzlich ins römische Lebensgefühl eintauchen mag, lässt die Anlage des Apollo-Grannus-Tempel sowohl als Teilrekonstruktion als auch als virtuelles 3D-Modell auf sich wirken.
https://www.bayerisch-schwaben.de/staedte/dillingen
https://www.bayerisch-schwaben.de/staedte/lauingen/24-stunden-in-lauingen
Durchs Nördlinger Ries: Ein Meteoritenkrater, ein Meer von Fuchsien und ein Spaziergang auf der Stadtmauer
Mitten im UNESCO Global Geopark Ries liegt Nördlingen – ein „Must-See“ für Geologie-Fans. Denn im interaktiven RiesKraterMuseum, das man in einer revitalisierten mittelalterlichen Scheune einquartiert hat, wird anschaulich erklärt, was passierte, als vor 15 Millionen Jahren ein Asteroid auf die Erde stürzte und einen fast kreisrunden Krater von 24 Kilometern Durchmesser schuf. Die zauberhafte Altstadt von Nördlingen erkundet man am besten aus der Vogelperspektive: Ein fabelhafter Ries-Rundumblick bietet sich vom fast 90 Meter hohen „Daniel“– vorausgesetzt man ist bereit, die 350 Stufen hinauf auf den Turm der St. Georgskirche zu bewältigen. Nach altem Brauch ruft der diensthabende Türmer zwischen zehn und zwölf Uhr alle halbe Stunde sein „So G’sell so“ ins nächtliche Nördlingen.
Von der Nördlinger Stadtmauer aus lässt sich das pittoreske Ortsbild bestens betrachten, ist sie doch auf einer Länge von 2,6 Kilometern durchgängig begehbar und überdacht – das ist deutschlandweit einzigartig. Alle drei Jahre (das nächste Mal 2025) wird die ehemals Freie Reichsstadt beim „Historischen Stadtmauerfest“ für ein Wochenende ins Mittelalter katapultiert. Dann übernehmen lustige Gaukler, fahrende Händler, Fahnenschwinger und Marketenderinnen auf den romantischen Straßen und Plätzen das Kommando. Eine ganz besondere Zeitreise für Groß und Klein!
Nichts für Zartbesaitete ist die Lauschtour „Hexen in Nördlingen“, die sich einem dunklen Kapitel der Stadtgeschichte widmet: An den Schauplätzen der Nördlinger Hexenprozesse erfahren die Besucher die Hintergründe einer düsteren Ära aus Macht, Wahn und Aberglaube. Wer Mitte Mai in der Gegend ist, sollte unbedingt beim alljährlichen Stabenfest vorbeischauen und die traditionellen Nördlinger Stabenwürste probieren. Die rund 600 Jahre alte Festivität hat es 2022 sogar in die Landesliste des immateriellen Kulturerbes von Bayern geschafft. Wer nicht bis Mai warten mag, lässt sich in einer der örtlichen Metzgereien ein paar der ca. 25 Zentimeter langen Würste einpacken und legt sie daheim auf den Grill.
Das letzte Stadthupferl führt in die charmante Kleinstadt Wemding am nördlichen Riesrand, die den Beinamen Fuchsienstadt trägt. Aus gutem Grund: Jedes Jahr im Mai verwandelt sich die Altstadt beim Fuchsien- und Kräutermarkt in ein Blumenmeer. Highlight: eine prachtvoll blühende Fuchsienpyramide aus über 700 Pflanzen.
Den Stadtrundgang beginnt man am besten am bronzenen Mangoldbrunnen vom Wemdinger Künstler und Bildhauer Ernst Steinacker. Das umlaufende Fries erzählt in Bildern von den Anfängen der Stadt, der Entstehung der Kirche, der Hexenprozesse und der Wallfahrtskirche Maria Brünnlein – jedes Jahr Anziehungspunkt für mehr als 150.000 Pilger. Kurioses Detail an der Stadtpfarrkirche St. Emmeram: die ungleichen Kirchtürme, liebevoll „ungleiche Brüder“ genannt. Vom Südturm aus eröffnet sich bei klarem Wetter ein wunderbares Panorama über die Altstadt mit ihren adretten Giebelhäusern, die gut erhaltene Stadtmauer und den landschaftsprägenden Rieskrater. Auch den 1,7 Kilometer langen Wemdinger Stadtgraben hat man in eine Grünoase verwandelt – mit Barfußpfad, duftendem Rosengarten, Slackline zum Balancieren und Bocciafeld. Im Sommer breitet man bei Pop-Up Picknicks mit Livemusik seine Decke aus und lässt entspannt die Seele baumeln.
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